Graubünden schmückt sich oft mit dem Superlativ «Kanton der 150 Täler». Das Leben in diesen Tälern könnte unterschiedlicher aber nicht sein. Hier das boomende Rheintal, das immer wieder mit Meldungen im Wirtschaftsteil der Presse über neu gewonnene Investoren überraschen kann, da die abgelegenen Talschaften weitab des Kantonshauptorts, die sich mit negativen Entwicklungen in der Bevölkerung durch Abwanderung konfrontiert sehen.
In Bundesbern wurde vor sieben Jahren unter dem Stichwort «Neue Regionalpolitik» (NRP) eine Strategie präsentiert, die die Schweiz der Zukunft aus der Sicht der Regionen skizziert. Es war sinnigerweise der Bündner Ständerat Theo Maissen, der die Frage deponiert hat, in welchem Masse die ländlichen und vor allem die Bergregionen im Rahmen dieser neuen politischen Ausrichtung berücksichtigt werden. Kritiker dieser neuen Strategie monieren nämlich, dass die bisherige Subventionspolitik nach dem Giesskannenprinzip einfach unter neuem Namen ihre Fortsetzung findet.
In Graubünden wurden die Postulate der NRP tatkräftig angegangen, in allen Kantonsteilen wurden Regionalentwickler eingesetzt, die das wirtschaftliche Potenzial der Täler auszuloten begannen und Perspektiven der Entwicklung definierten. Wie für einen klassischen Tourismuskanton nicht anders zu erwarten war, wurde das Hauptpotenzial im Tourismus definiert. Doch gerade in diesem Kerngeschäft der kantonalen Wirtschaft sind die Zahlen der letzten Jahre rückläufig, daran ändern Erschliessungsanlagen, die Skigebiete verbinden, ebenso wenig wie die medienwirksamen technischen Innovationen eines Solarskilifts. Und auch der traditionellste Wirtschaftsbereich im Kanton, die Landwirtschaft, ist im Umbruch: Betriebe werden aufgegeben oder zusammengelegt. Damit steigt zwar die bearbeitete Fläche pro Betrieb, die Arbeitsplätze indes gehen zurück. Die industrielle Fertigung ist exportabhängig, weshalb sie – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur in den verkehrstechnisch gut erschlossenen Ballungszentren eine Chance zur Expansion hat. Tritt also das Schreckensszenario der «alpinen Brache», wie es vor Jahren dargestellt wurde, tatsächlich ein? Dieses Heft versucht anhand einiger Beispiele ein Abbild des Status quo zu vermitteln, ein Bild, das nicht in allen Belangen positiv stimmt.
Als Leserinnen und Leser des Hefts werden Sie einige Neuerungen finden. Die «Terra Grischuna» hat sich nach über zwölf Jahren ein neues Kleid gegeben; das Layout ist moderat erneuert, die Gliederung des Hefts ist nun klarer erkennbar, die Papierqualität und die Typografie zugunsten der Lesbarkeit geändert und den Bildern, die schon stets einen grossen Stellenwert für die Qualität des Hefts hatten, wird mehr Platz eingeräumt. Wir sind zuversichtlich und hoffen, dass Ihnen das neue Erscheinungsbild gefallen und damit Ihr Lesevergnügen gesteigert wird. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine angenehme Lektüre dieses Hefts.
Christian Dettwiler
Redaktionsleiter