Umbau Stall Meier. (Foto: Raymond Meier)
Seit 40 Jahren ist Armando Ruinelli als Architekt tätig. Soglio, sein Heimatort, nimmt in seinem Werk eine besondere Stellung ein: Hier hat er seine ersten Bauten erstellt, hier hat er jene Architektur entwickelt, die ihn zu einer der bedeutendsten Stimmen im Diskurs über die Zukunft des gebauten Dorfes gemacht hat. Eine neue Monografie bietet einen Überblick über die in den letzten 40 Jahren entstandenen Bauten.
Das Haufendorf Soglio im Bergell zeichnet sich durch einen alten Baubestand aus: Herrschaftliche Palazzi, bescheidene Steinhäuser und hölzerne Ställe drängen sich eng an eng und ergeben eines der schönsten Dorfbilder der Schweiz. Ruinelli hat es in den letzten vierzig Jahren durch mehrere Um- und Neubauten entscheidend mitgeprägt. Dabei hat er eine Handschrift entwickelt, die weder das Alte imitiert und somit konserviert, noch durch Aufsehen erregende architektonische Gesten das Neue über das Bestehende stellt. Seine Architektur geht vom Ort aus, von den Materialien, von den Proportionen und der Funktion. War die Reduktion zunächst eines der Leitmotive in Ruinellis Arbeit, erlaubt er sich in den letzten Jahren hin und wieder auch spielerische Elemente.
Die Publikation zeigt Beispiele aus allen Schaffensperioden. Etwa das eigene Haus und Atelier, ein Ensemble, das sich an der klassischen Aufteilung von steinernem Wohn- und hölzernem Ökonomiegebäude orientiert. Die Ersatzneubauten nehmen diese traditionellen Themen auf. Wie man sich vom Alten löst, zeigt sich hingegen unter anderem dadurch, dass Ruinelli die Anordnung der Räume im Wohnhaus umgekehrt hat: Die Schlafräume sind unten, die Wohnräume unter dem Dach.
Atelier Cahn. (Foto: Ralph Feiner)
Einen nicht alltäglichen Auftrag führte Ruinelli für den Fotografen Raymond Meier 2003 aus: ein Wohnhaus mit Atelier. In diesem Gebäude-Paar – einem Stein- und einem Holzhaus – verbirgt sich ein Volumen, wie es ansonsten nur in Villen und Palazzi zu finden ist. Gegen aussen aber fügt sich das Ensemble ins Dorfbild ein, sind doch viele Räume unter Tage untergebracht.
Für Meier baute Ruinelli überdies einen Stall zu einem Ferienhaus um. Behördlich vorgegeben ist bei solchen Umbauten, dass ein ortsbildprägender Stall äusserlich nicht beeinträchtigt werden darf – dass er also wie ein Stall aussehen soll, auch wenn er eine Wohnfunktion erhalten hat. Ruinelli ist solchen Versteckspielen mehr als abgeneigt – und doch dient sein Umbau als beispielhaft für diese Bauaufgabe.
Jüngeren Datums ist etwa das Atelier für die Künstlerin Miriam Cahn in Stampa. Der langgezogene Betonbau dient der international tätigen Malerin als Lebens- und Schaffensort. Hier zeigt sich Ruinellis Bereitschaft zu kleinen Spielereien, etwa bei den Wasserspeiern an der Front oder bei «kontrollierten Ungenauigkeiten» an der Fassade.
Unterstützt werden die in Bilder, Pläne und Kurztexte gefassten Objektbeschreibungen durch Fotografien der Künstlerin Katalin Deér, die ihren eigenen, nüchternen Blick auf Details und Ansichten von Ruinellis Häusern wirft. Drei längere Gespräche, unter anderem mit dem Architekten Gion A. Caminada, führen in die Gedankenwelt des Architekten ein, der heute unter anderem als Professor an der Fachhochschule Graubünden tätig ist.